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  • Schlachtfeld-archäologie

Das Römische Marschlager von Porta Westfalica-Barkhausen

Anfang Juli 2008 haben Funde aus der Zeit der römischen Okkupation Germaniens, die in Porta Westfalica-Barkhausen gefunden wurden, überregional für Aufsehen gesorgt. Eine Aucissafibel und eine Bronzemünze des keltischen Stammes der Remer, deren Angehörige Hilfstruppen im römischen Heer stellten, ließen den Verdacht aufkommen, in dem neu erschlossenen Baugebiet „Auf der Lake“ mit der Anwesenheit römischen Militärs rechnen zu müssen.

Im Zusammenhang mit diesen Neufunden bekam der Fund eines Solidus des Augustus, der 1950 bei Bauarbeiten in etwa 150 m Entfernung entdeckt wurde, eine ganz besondere Bedeutung. Deshalb wurden bis November 2011 großflächige Ausgrabungen auf diesem Platz durchgeführt. Seit dem Beginn der Arbeiten am 22. Juli 2008 sind zahlreiche Funde und Befunde ans Tageslicht gebracht worden, die die Vermutung erhärten, dass hier römisches Militär zur Zeit des Augustus Station machte. Neben Münzen, Fibeln, Schuhnägeln von Legionärssandalen und zwei Bleiloten aus der römischen Vermessungsausrüstung sind es vor allem eiserne Zeltnägel, die besondere Aufmerksamkeit erregten. Die etwa 25 cm langen, vierkantigen Eisenstäbe mit eingehängten Ringen am oberen Ende dienten zum Abspannen lederner Legionärzelte, die etwa acht Personen Schutz vor der Witterung bieten konnten. Darüber hinaus weisen über zwanzig charakteristische Befunde auf römische Feldbacköfen hin. Sie setzen sich zusammen aus Resten der verziegelten Kuppeln aus Lehm, in denen das Brot gebacken wurde, und Gruben vor der Kuppelöffnung, in denen man die heiße Holzasche entsorgte. Die Speicherhitze der Lehmkuppeln reichte für bis zu drei Backgänge. Leider ist es bis zum Abschluss der Grabungen nicht gelungen, den für römische Marschlager charakteristischen, V-förmigen Spitzgraben nachzuweisen. Die Datierungen der Funde, vor allem der Münzen, weisen auf römische Präsenz während aller römischen Eroberungsfeldzuge im freien Germanien von Drusus bis Germanicus hin. Die aufgedeckten Befunde und die geborgenen Funde schließen ein für längere Zeit belegtes Lager aus. Es ist eher davon auszugehen, dass die römischen Legionäre in Barkhausen nur für kurze Zeit campierten. (Text: Werner Best)

Wikipedia-Beitrag Römer-Lager Porta Westfalica
SpiegelOnline-Beitrag Archäologen finden Lager des Römer-Feldherren


Schlachtfeld der Schlacht bei Minden von 1759:

Die Schlacht bei Minden am 1. August 1759
Versuch einer interdisziplinären Neubewertung der Ereignisse.

Die Schlacht bei Minden am 1. August 1759 gehört zu den bedeutenden kriegerischen Auseinandersetzungen europäischer Geschichte. Sie war entscheidend für den Ausgang des 7-jährigen Krieges (1756 – 1763), der von den alliierten Mächten Großbritannien, Hannover, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hessen-Kassel, Preußen und Schaumburg-Lippe gegen Frankreich und Sachsen geführt wurde. Die zeitgenössischen Berichte und zahlreich erschienene Sekundärliteratur zeichnen zwar ein eindrückliches Bild des Schlachtgeschehens lassen aber viele Fragen zu Details offen. Deshalb erscheint eine interdisziplinäre Neubewertung der Ereignisse vor allem und gerade nach dem 250. Jahrestag der Schlacht, der in Minden mit großem Aufwand ausgerichtet wurde, als sinnvoll und notwendig. In dem Projekt sollen bisher bekannte militärhistorische Überlegungen und Überlieferungen systematisch erfasst und analysiert werden. Darüber hinaus sollen neue archivalische, geografische, archäologische und naturwissenschaftliche Untersuchungen dazu beitragen, den Ablauf der Schlacht und ihre Folgen schärfer beschreiben zu können.

Aus der Sicht der Bodendenkmalpflege ist das Schlachtfeld von Minden, in dem noch zahlreiche Spuren der Kämpfe verborgen sind, ein bedeutendes Denkmal menschlicher Kulturgeschichte. Bedauerlicher Weise ist es in der Vergangenheit Ziel illegaler Plünderungen, unsystematischer Bergungen oder allenfalls kleinräumiger Einzeluntersuchungen gewesen. Eine Zusammenführung aller bisher erzielten Ergebnisse und sonstigen Kenntnisse soll die Grundlage für gezielte archäologische Prospektionen werden.

Methodische Herangehensweise
Trotz zeitgenössischer Berichte über den Verlauf der Schlacht und zahlreich erschienener Sekundärliteratur sind die einzelnen Vorgänge der Schlacht im heutigen Gelände nur ungefähr lokalisiert worden. Um eine genaue Lokalisierung vornehmen zu können, sind archäologische Prospektionen und Sondierungen unerlässlich. Bei der Größe des Schlachtfeldes von Minden Todtenhausen im Norden bis Minden-Hahlen im Süden muss vorab ein belastbarer Abgleich von zeitgenössischen Karten mit preußischen Karten des 19. Jahrhunderts und modernen Karten erfolgen. Daraus kann im besten Falle eine Eingrenzung von Geländeteilen resultieren, die dann mit archäologischen Prospektionsmethoden erkundet werden können. Ein Anfang könnte mit den verfüllten Gräben südlich von Todtenhausen gemacht werden, wo das Korps Wangenheim Artillerie in Erdschanzen in Stellung gebracht hatte

Für die Lokalisierung dieser Schanzen, die obertägig nicht mehr sichtbar sind, aber von denen die verfüllten Gräben im Boden noch erhalten sein müssen, kann die geophysikalische Methode der Geomagnetik angewendet werden. Im Falle der Identifizierung von Gräben im Gelände kann zur Überprüfung der Ergebnisse eine archäologische Grabung erfolgen, die zumindest die Form der Gräben und ggf. Einbauten in diesen nachweisen kann.

Die Schlacht nahm mit dem französischen Angriff auf diese Stellungen ihren Ausgang. Insofern muss das Gelände zwischen der Schanze und den vermuteten französischen Stellungen sorgfältig mit Metallsonden prospektiert werden. Die auftretenden Funde, vor allem die verschossene Munition kann einen Nachweis über den Verlauf der Kämpfe liefern. Handelte es sich ausschließlich um ein Artillerieduell oder gab es darüber hinaus Auseinandersetzungen zwischen Infanterietruppen mit zusätzlichem Eingreifen von Kavallerie? Die sondierten Fundstücke sind für eine Rekonstruktion des Kampfgeschehens punktgenau einzumessen und sorgfältig zu analysieren, zu bestimmen und zu datieren.

Nur die Zusammenarbeit von Militärhistorikern, Archäologen, Geophysikern, Geografen und Naturwissenschaftlern wird erst die Möglichkeit eröffnen, neue Erkenntnisse zum Verlauf der Schlacht bei Minden gewinnen zu können.
(Text: Werner Best)

"Schlachtfeld und Massengrab" - Eine Einführung

WordPress.com-Beitrag Minden 1759


Landsknechte in Porta Westfalica-Barkhausen, Kreis Minden-Lübbecke

Von Juli bis November 1634 belagerte ein deutsch-schwedisches Heer unter dem Oberbefehl von Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg das von kaiserlichen Truppen besetzte Minden. Nachdem er Teile seiner Kavallerie mittels einer Schiffsbrücke auf die westliche Weserseite verlegt hatte, schlug er ein Lager zwischen Aulhausen (heute ein Ortsteil von Porta Westfalica-Barkhausen) und Böllhorst (heute ein Stadtteil von Minden) in der Nähe der Mindener Landwehr auf. Von dort aus operierten seine Truppen oder sabotierten Mindener Wassermühlen, in dem sie das Flüsschen Bastau umleiteten. So weit der zeitgenössische Bericht eines Mindener Bürgermeisters.

Bei den umfangreichen Ausgrabungen in Porta Westfalica-Barkhausen ist es in den Jahren 2008 bis 2011 gelungen, Spuren dieses Lager aufzudecken. Durch sorgfältiges Absuchen der Grabungsflächen mit Metallsonden konnten 225 Geschosskugeln aus Blei geborgen werden. Im 17. Jahrhundert und während des 30-jährigen Krieges waren Infanteristen hauptsächlich mit Musketen und Arkebusen ausgerüstet. Bei der Kavallerie waren Pistolen in Gebrauch. Die Kugeln, die während der Prospektion des Schlachtfeldes von Lützen (November 1632) geborgen wurden, wiesen Durchmesser zwischen 7 mm und 19 mm auf. Schwerpunkte bei den Durchmessern ergaben sich bei 16 mm – 17 mm so wie bei 11 mm – 14 mm. Tendenziell werden die größeren Durchmesser den Musketen zugeschrieben, den kleineren den Pistolen und Arkebusen.    

Die Geschosse aus Barkhausen weisen Durchmesser zwischen 6 mm - 27 mm auf. Die Schwerpunkte bilden, vergleichbar mit dem Material von Lützen, die Gruppen zwischen 10 mm – 14 mm mit 110 Exemplaren und 16 mm – 17 mm mit 43 Exemplaren. Dazwischen liegen 14 Exemplare mit 15 mm und am Schluss 14 Stücke zwischen 18 mm – 20 mm. Die Abweichungen in den Durchmessern sind mit der Waffenproduktion und er Belieferung der Heere in der frühen Neuzeit zu erklären. Mangelnde Präzision bei der Herstellung der Rohre und verschiedene Maufakturen ließen keine standardisierten Durchmesser der Munition zu. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Kugeldurchmesser im Allgemeinen 1 mm – 2 mm kleiner war als das Rohrkaliber. Vergleicht man die Maße der Kugeln von Barkhausen mit denen des Schlachtfeldes von Lützen, so lässt sich feststellen, dass mit 110 Kugeln offensichtlich Munition von leichteren Waffen vorliegt, die überwiegend der Kavallerie zugeschrieben wird. Immerhin ist mit 43 Exemplaren die Musketenmunition der Infanterie auch noch gut vertreten.

Schon zu Beginn der Grabung fielen Kugeln mit Gusszapfen auf, die beim Gießen in einer Kugelzange oder einer anderen Form entstehen und die noch nicht entfernt wurden. Am Ende der Ausgrabungen lässt sich an 61 Exemplaren dieses Zwischenstadium der Munitionsproduktion feststellen. Die nachgewiesene Herstellung der Munition in Barkhausen legt die Existenz eines Heerlagers an dieser Stelle nahe.

Im südöstlichen Randbereich der Grabungsfläche fielen drei Gruben auf, in denen sich starke Brandspuren abzeichneten. In der Nordostecke der rechteckigen, 1,5 Meter breiten Grube mit der Fundnummer 734 war die Hitzeeinwirkung so stark, dass das umgebende Erdreich verziegelte. Es fand sich eine Anhäufung verziegelten Lehms, der auf eine Ofenkuppel, etwa für einen Backofen, hindeutete. Den gesamten Grubenboden bedeckte eine zwei bis drei Zentimeter dicke Holzkohleschicht. In der Füllung, kurz über dem Grubenboden lagen Fragmente von weißtonigen Tabakspfeifen. Eine Pfeife wies auf dem Stil gestempelte, französische Lilien in Rauten auf. Unter dem Fuß sind die gestempelte Buchstaben „I E“ im Perlenkranz zu erkennen. Im Pfeifenkopf befanden sich noch Reste des verbrannten Tabaks. Bei Grube mit der Fundnummer 761 mit zwei Meter Länge und 1,4 Meter Breite war die Ostseite und die südöstliche Ecke stark verziegelt. Das nördliche Ende kennzeichnete eine 0,4 Meter unter den Grubenboden reichende Mulde, deren Füllung überwiegend aus Holzkohle bestand. Der Grubenboden selbst war wieder mit einer Holzkohleschicht bedeckt. Die Grube mit der Fundnummer 762 mit zwei Meter Länge und 1,9 Meter Breite wies ebenfalls an der Ostseite starke Hitzerötung und einen abgesenkten Grubenboden mit Holzkohlefüllung am nördlichen Ende auf. In der Füllung lag eine kleine, 9,5 cm hohe, fast vollständig erhaltene Flasche mit zwei waagerechten Henkeln aus braunem Steinzeug. Ohne Zweifel lassen sich die Funde aus den Gruben dem 17. Jahrhundert zuordnen. Ähnliche Feuergruben wurden 1989 nördlich von Sarstedt, Kreis Hildesheim, gefunden. E. Cosack interpretiert sie als Kochgruben, die in einem protestantischen Heerlager aus dem Jahr 1634 ausgehoben wurden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit können die Gruben aus Barkhausen ebenfalls im Zusammenhang mit der Versorgung lagernder Soldaten gesehen werden.

Die intensive Suche mit Metallsonden erhöhte nicht nur die Zahl der Geschosskugeln im Fundbestand, sondern förderte noch weitere interessante Funde zu Tage, die dem Umfeld eines Militärlagers zugerechnet werden können. Besonders hervorzuheben ist ein 14 cm großer Radsporn aus Eisen mit leicht geschwungenen Bügeln, an denen sich noch eine Nietplatte mit drei Bohrungen befindet. Das sternförmige Rad ist offensichtlich schon zur Nutzungszeit verlorengegangen. Ein weiteres, gegossenes Rad aus Buntmetall mit etwa 5 cm Durchmesser und sechs erhaltenen Strahlen wurde an anderer Stelle gefunden.

Besondere Aufmerksamkeit erregte eine noch knapp sieben Zentimeter große Bleifigur, deren Unterschenkel alt abgebrochen sind.  Mit den Attributen des Hutes und der Umhängetasche, an deren Schulterriemen ein angeknotetes Tuch dargestellt ist, ist sie ohne Zweifel als Merkur zu identifizieren. Leider schränkt starke Korrosion im Gesicht den Gesamteindruck der sonst qualitativ hochwertigen Figur ein. Dargestellt war ursprünglich ein kindliches Gesicht. Auf dem Rücken befinden sich eine Reihe von Kerben und flachen Dellen, an der Seite einige Einstiche von einem spitzen Gegenstand. Ganz offensichtlich ist die Figur nicht als Kunstgegenstand betrachtet worden, sondern vielleicht als Rohmaterial für den Guss neuer Kugeln, worauf die Beschädigungen hinweisen können. In der Renaissance und im Barock sind solche Figuren nach antiken Vorbildern in Mode gewesen.

Nicht zuletzt weist eine Reihe von elf Silbermünzen, die mit einem 6- Pfennig-Stück der Stadt Dortmund aus dem Jahr 1631 abschließt, auf einen längeren Aufenthalt von Menschen an diesem Ort hin. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass keine Münze gefunden wurde, die nach 1634 geprägt wurde.

Mit  größter Wahrscheinlichkeit sind die Funde und Befunde der Grabung mit dem Lager von Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg gleich zu setzen. Darauf weist ebenso die Münzreihe hin, deren Schlussmünze in das Jahr 1631 datiert, wie eine Vielzahl von Geschosskugeln, deren Durchmesser eher auf Waffen der Kavallerie des 17. Jahrhunderts hindeuten. Der Radsporn und das Fragment eines Rades von einem weiteren Sporn weisen in die gleiche Richtung. Die Befunde der Gruben mit den starken Verziegelungen zeigen eindrücklich, dass in ihnen über längere Zeit Feuer zur Versorgung der Truppen unterhalten wurden. Die in der historischen Quelle erwähnte Mindener Landwehr verlief etwa 300 Meter nördlich der Fundstelle in Barkhausen. Berücksichtigt man die beträchtliche Größe der Heere des 30-jährigen Krieges, so wird deutlich, dass in Barkhausen nur ein kleiner Teil des Lagers aufgedeckt werden konnte. (Text: Werner Best)